Donnerstag, 12. Februar 2009

Lynchjustiz

Gestern ist dann doch mal wieder etwas Aufregendes passiert.
Ich habe nach dem Besuch eines Internet Cafes mich bei Einbruch der Dunkelheit auf den Nachhauseweg gemacht und dabei ein sehr nettes deutsches Ehepaar getroffen, die mich nach dem Weg gefragt haben. Und als halber "local" habe ich ganz bereitwillig Auskunft gegeben und mich hilfsbereit gezeigt. Als sie mich fragten, ob es denn in Ordnung sei, abends und auch nachts in Stonetown unterwegs zu sein, meinte ich, gar kein Problem, es sei wirklich sicher hier und ich waere schliesslich seit ueber drei Wochen hier und haette nie Probleme gehabt. Stimmt ja auch.
Ca. zwei Stunden spaeter treffe ich zusammen mit einer deutsch-sanibari Gruppe wieder auf die Beiden, voellig aufgeloest, er schweissgebadet: Sie sind gerade ueberfallen worden und er hat noch versucht, dem Dieb hinterher zu rennen, dann aber aufgegeben, weil er Sorge hatte in einen weiteren Hinterhalt gelockt zu werden. Ich bin sehr betroffen, denn ich war ja nun diejenige, die ihnen versichert hatte, das es absolut sicher sei. Weiter berichtet der Mann, dass mit ihm noch andere den Dieben (zwei?) nachgejagt sind, aber dass er sich nicht sicher sei, ob das nicht auch Komplizen gewesen seien. Unser Freund aus Sansibar ist am Boden zerstoert, ob des schlechten Rufs, der hier entsteht und geht auch schauen, wie weit die Diebe sind. Und da kommt auch schon der Mob angerannt. Erst einmal ca. acht Mann, die uns berichten, dass sie die Diebe gefasst haetten und uns nur zur Identifizierung braeuchten. Danach der ganze Pulk, mindestens dreissig, die uns die beiden Diebe fast vor die Fuesse werfen. Geschrei, Aufregung, die Meute bebt. Der arme Mann muss nun entscheiden, ob der sie erkennt. Einen meint er ziemlich sicher zu erkennen. Und schon schlagen alle auf den Mann ein, hauptsaechlich auf den Kopf, mit allem was sie kriegen koennen. Unser Swahili-Freund haelt uns zurueck, wir bitten die Menge, doch wenigstens zur Polizei zu kommen. Alle sind deswegen so erzuernt, weil sehr schnell klar wird, dass die beiden vom Festland sind. Und jetzt geht es um die Ehre. Inzwischen hat sich ein Mob von etwa 50 Menschen angesammelt und im Tross geht es auf die Polizeistation, waehrend immer weiter fleissig mit allem was zur Verfuegung steht auf die Verbrecher eingeschlagen wird. Uns wird mulmig, weil schnell klar wird, dass diese Art der Rache grausam sein kann. Aber wird es ihnen auf der Wache besser ergehen? Handabhaken scheint durchaus noch ueblich fuer Diebe und ich hatte schon vorher gehoert, dass die Lynchjustiz der Meute kein Erbarmen kennt, und dass schon mancher Dieb von der wuetenden Masse zu Tode gepruegelt wurde. Und wer will das schon? Auf der Wache werden die vermeintlichen Diebe in Handschellen gelegt und hinter den Tresen auf den Boden gesetzt. Durch ein Fenster kann man das gut beobachten, waehrend das Ehepaar Aussage macht. Verstaerkung aus dem nahegelegenen Revier kommt. Die Tasche mit Kreditkarte und immerhin ca. 800 US ist natuerlich weg. Der umstehen Meute wird eine Belohnung versprochen, aber wer kassiert schon 100 US Belohnung, wenn er 800 behalten kann? Letztendlich werden Diebe und Beraubte an die naechste Wache gefuehrt, zur weiteren Vernehmung. Wir verabschieden uns, denn wir koennen nichts mehr fuer die beiden tun. Bei mir bleibt ein sehr bloedes Gefuehl etwas verbockt zu haben, oder nicht richtig Auskunft gegeben zu haben. Ich spaziere natuerlich nie mit so viel Geld durch die Gegend, auch nicht durch so dunkle Strassen und meine Tasche kann man mir auch nicht einfach runterreissen. Sehr aufregend! Und ich bin ein bisschen vorsichtiger geworden. Bilder von dem Aufstand habe ich leider keine, das hat die Pietaet nicht erlaubt!

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